Geschichte
Die ehemalige Heiligen-Geist-Kapelle in Bruck ist eine Besonderheit der spätgotischen Architektur, nicht nur in Österreich. Sie wurde in den Jahren 1494 bis 1497 von angesehenen und wohlhabenden Brucker Bürgern gestiftet und erbaut. Die Bauherren, allen voran die Familien Kornmesser, Pögl und Holzapfel, waren typische Vertreter des neuen, erfolgreichen und selbstbewussten Bürgertums des späten 15. Jahrhunderts, das auch die Stadt Bruck zur Hochblüte gebracht hat.
Im Gegensatz zu den bisherigen Bauherren aus Adel und Klerus waren sie keiner Bautradition verpflichtet. Sie errichteten die Kapelle in einer noch nie dagewesenen Form auf dem Grundriss eines gleichseitigen Dreiecks mit abgeschrägten Ecken, die im Inneren durch Arkaden zu Altarnischen ausgegliedert sind, sodass sich ein sechseckiger, zentraler Innenraum ergibt, dessen Form vom prachtvollen Sternrippengewölbe aufgenommen wird.
Es ist gut vorstellbar, dass dieses Gebäude in der Bevölkerung des ausgehenden Mittelalters großes Aufsehen erregt hat. Bis 1783 wurden hier Gottesdienste gefeiert, danach stand die Kapelle leer und war dem Verfall preisgegeben. Am 9. August 1794 wurde beim Bistum Leoben die Entweihung der Kapelle beantragt, die im Auftrag des Bischofs am 7. Oktober vom Brucker Stadtpfarrer vollzogen worden ist.
Das Gebäude wurde versteigert und ging an den Meistbieter, den Brucker Postmeister Ignaz Weigel. Er brachte seine Postpferde und ihren Futtervorrat hier unter. 1817 wurde dem Gastwirt Franz Oberländer gestattet, das Gebäude in ein Wirtshaus mit Gästezimmern umzubauen. Die Bezeichnung "Geistwirt" war bis in das 20. Jahrhundert bekannt. 1921 kam es zu weiteren "Renovierungsarbeiten", denen die schönen Maßwerkfenster zum Opfer gefallen sind. 1955 erwarb die Stadt Bruck das Gebäude und richtete Wohnungen darin ein. Mit dem Bau des Autobahnknotens, dem die Kapelle beinahe zum Opfer gefallen ist, ging die Wohnqualität verloren. Seit 1999 steht das Gebäude leer.
Mag. Irmengard Kainz, Leiterin des Stadtmuseums Bruck an der Mur