Gemeinsam Gedenken - ein Generationenprojekt

Die achte Klassen des Brucker Gymnasiums besuchte im Oktober im Rahmen eines vom Österreichischen Nationalfonds geförderten Generationenprojektes in Kooperation mit dem Brucker Stadtmuseum gemeinsam mit Menschen aus  der Zivilgesellschaft die Gedenkstätte Mauthausen. Mit einer Vor- und Nachbesprechung und zwei Vorträgen von namhaften Historikern wurde das Projekt abgerundet.

Gemeinsam machten die Brucker AHS und das Stadtmuseum aus der Not eine Tugend: Für 17 Schüler:innen wäre der jährliche Mauthausenbesuch sehr kostspielig geworden, deshalb nahm Professorin Patrizia D’Alessandro mit dem Brucker Stadtmuseum Kontakt auf. Die Idee: Im Rahmen eines Generationenprojektes sollen Menschen aus der Brucker Zivilgesellschaft die Möglichkeit erhalten, diese einschneidende Erfahrung gemeinsam mit Schüler:innen zu machen und sich darüber auszutauschen. Begleitet wurde der Besuch von einer Vor- und einer Nachbesprechung sowie begleitenden Vorträgen der Historiker Gerald Lamprecht und Heimo Halbrainer. Das Projekt wurde vom Österreichischen Nationalfonds mitfinanziert, die restlichen Kosten übernahm die Stadt Bruck. Somit mussten die Beteiligten lediglich einen kleinen Beitrag für das Vermittlungsangebot der Gedenkstätte Mauthausen bezahlen. Mit Aufrufen über die Schule, in Stadtnachrichten und über persönliche Netzwerke konnte ein 50er-Bus mit interessierten und für diese Erfahrung offenen Menschen gefüllt werden.

Bei der Vorbesprechung in der ersten Schulwoche nach den Sommerferien gestalteten die Geschichteprofessorinnen Patrizia und Heinz D’Alessandro eine gute Inhaltliche Vorbereitung für den gemeinsamen Gedenkstättenbesuch mit bestens aufbereiteten Informationen zu den Themen Nationalsozialismus, Antisemitismus und Shoah. In Gruppenarbeiten konnte über unterschiedliche Zugänge sowie Erwartungen und Vorwissen gesprochen werden, aber auch ein erstes Kennenlernen erfolgen.

Der Besuch der Gedenkstätte Mauthausen am 11. Oktober war für alle Beteiligten ein einschneidendes Erlebnis. Die Baracken, der Steinbruch mit „Todesstiege“, der Fußballplatz und vor allem der Todestrakt mit Gaskammern, Galgen und Erschießungsstätte sowie das Krematorium mit Verbrennungsöfen hinterließen bleibende Eindrücke. Die Guides vor Ort bereiteten in drei Gruppen die Führungen bestens mit Gruppenarbeiten, Fotos und Fragestellungen auf.

Zur Verarbeitung dieser einschneidenden Erfahrung wurde am 24. Oktober gemeinsam im Stadtmuseum über dieses Erlebnis gesprochen und die Erfahrungen in einer generationenübergreifenden Reflexionsrunde geteilt. Danach widmete sich der Historiker Gerald Lamprecht vom Institut für jüdische Studien in Graz dem Thema „Transformationen in der steirisch-jüdischen Geschichte“. Lamprecht ging auf das jüdische Leben in der Steiermark und die Phasen des Antisemitismus bis hin zum größten Zivilisationsbruch der Geschichte, der Massenvernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden, sowie die gegenwärtige Situation ein und half so, das Erfahrene besser einzuordnen.

Die Obfrau des Museumsvereins und langjährige Leiterin des Stadtmuseums, Irmengard Kainz, ergänzte mit historischen Erkenntnissen aus Bruck an der Mur.

Am 11. November war dann der Historiker Heimo Halbrainer im Brucker Stadtmuseum zu Gast und stellte seine Biografie des Retters der Kinder im KZ Buchenwald, „Franz Leitner – Kommunist und Gerechter unter den Völkern“ vor. Auch zu diesem Vortrag waren viele Schülerinnen und Schüler, aber auch interessierte jüngere und ältere Besucher:innen gekommen.

Davor organisierte der Museumsverein mit wohlwollenden Menschen aus der Zivilgesellschaft ein stilles Gedenken bei den neuverlegten und frisch polierten Stolpersteinen in der Herzog-Ernst-Gasse, zu der auch Bürgermeisterin Andrea Winkelmeier gekommen war.

Statements der Teilnehmer:innen nach dem Besuch der Gedenkstätte: 

„Wie können sich Menschen so in die Irre führen lassen, um solche unmenschlichen Dinge tun zu können?“  

„Wenn jeder Mensch einen Ort wie diesen besucht hätte, würde die politische Lage/Tendenz anders aussehen?“ 

„Dankbarkeit – Dass es diese Möglichkeit gibt und man diesen Ort besuchen kann. 
Hoffnung, dass es viele Menschen gibt, die diese Gedenkstätte besuchen und diese Taten unvergessen bleiben. 
Mitwirken – den eigenen Kindern Vorbild sein, damit so etwas nicht mehr passieren kann. 
Was lernen wir daraus? 
…sobald ich einen Menschen nicht auf Augenhöhe begegne, habe ich den ersten Schritt in die falsche Richtung getan!!!“ 

„190 000 Menschen – 190 000 Geschichten, die wir nie alle kennen können. Wir können ihnen nur Respekt erweisen, wenn wir nicht vergessen, was ihnen angetan wurde.“ 

„Ein Riesenunterschied, ob ich davon lese, höre, einen Film darüber sehe, oder tatsächlich über das Gelände gehe und in denselben Räumen stehe, wo so viele Menschen so unendlich misshandelt wurden. Danke für diese Möglichkeit heute.“  

„Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf!!!"

„Niemals die Menschlichkeit vergessen! 
Niemals aufhören sich zu erinnern!“  

„Seid wachsam! Medien, Justiz sind schnell entmachtet, Andersdenkende und Schwache unterdrückt.“  

„So viel Aufwand wurde in die totale Zerstörung von Menschen investiert – was hätte man mit so viel Energie stattdessen FÜR Menschen tun können. Machen wir es besser …“ 

„Bei kleinen Ungerechtigkeiten nicht den Mund halten, sondern aufstehen, den Mund aufmachen und mitreden, Zivilcourage entwickeln ist ein Ziel. Sprachlosigkeit und Schweigen angesichts von so viel Leid, das in der Vergangenheit liegt, wir können nur die Gegenwart gestalten. …“ 

"Ein Generationenprojekt, das Menschen verbindet und unterschiedliche Perspektiven vereint. Auf dass wir nie unsere Achtsamkeit verlieren.“